Archiv für den Monat: Dezember 2004

Frühling und Herbst

In meiner Nachbarschaft wohnt ein kleiner Junge, na ja so etwa elf oder zwölf Jahre wird er sein, der in der ebenfalls nahe gelegenen Klosterkirche ministrieren geht. Er sagt, er macht das gerne und hat es schon gerne tun wollen, bevor er es überhaupt durfte, also vor seiner Erstkommunion. Aber als es dann soweit war, da war er nicht mehr zu halten und ministrierte sehr viel. Es wird immer aufgeschrieben, wer wann gedient hat und am Ende des Jahres gibt es dann je nach Leistung größere oder kleinere Weihnachtsgeschenke. Stolz hat er mir erzählt, dass er in einem Jahr mit 372 Gottesdiensten nicht mehr zu schlagen war.

Natürlich kennt er auch – zumindest vom Sehen – die meisten Stammbesucher. Besonders diejenigen prägen sich ihm gut ein, die in den frühmorgendlichen Wochentagsmessen in den spärlich besetzten Bänken sitzen. Oft bietet sich ihm dabei taglang das immer gleiche Bild wenn er von seinem rot gepolsterten Stühlchen neben dem Priester sitzt und nach unten sieht. In der ersten Reihe in der von ihm aus rechten Seite sitzt immer ein alter Mann, der nur mehr sehr langsam gehen kann und mal ein Kissen mitgebracht hat, damit er weicher sitzt. Wenn nach der Messe die Kirche leer ist und Max noch Kelch und Hostienschale in die Sakristei bringen muss und die kircheneigenen Gebetbücher einsammelt und in die Holzkiste am Eingang sortiert, dann ist dieses an den Nagel vor des alten Mannes Platz hängende Kissen das einzige, das durch sein sanftes Baumeln daran erinnert, dass vor kurzem noch jemand hier war. So sieht nicht nur Max die fleißigen Kirchenbesucher, sondern diese auch den fleißigsten Ministranten des Klosters. Stillschweigend bewundern sich die beiden Seiten gegenseitig, wenn auch auf eine sehr unterschiedliche Art.

Unter der Woche geht Max nach der Messe direkt in die Schule, nur an den Wochenenden und während den Ferien geht’s nach Hause. Und an einem solchen Tag muss es passiert sein, dass er den langsamen, alten Mann eingeholt hat, denn auch dieser wohnt nicht weit von hier und Max hat vor kurzem erst erfahren, dass er immer an dessen Haus vorbeilief. Da er ihn ja gewissermaßen kannte, grüßte er und der Alte grüßte zurück. Er hat eine etwas heisere Stimme, wirkte aber gleich sehr freundlich auf Max. Dies ging einige Male so, bis eines Tages der alte Mann nach der Begrüßung den Jungen daran hinderte zügig weiterzugehen, indem er ihn fragte, wie ihm die Messe gefallen habe. An diesem Tag war Hochamt, also eine Sonntagsmesse mit Predigt. Max gab eine etwas verlegene und knappe positive Antwort. Da er aber schon sein Gehtempo dem alten Mann angepasst hatte, wollte er nicht gleich wieder beschleunigen und stellte die Gegenfrage. Ihm habe sie auch sehr gut gefallen, meinte der Alte, nur dass er mit der Predigt ein Problem hatte. Er habe sie schlicht nicht verstanden. Eine kurze Schnaufpause machte Max deutlich, dass er sie auch nicht erklären könnte, denn eigentlich hatte er sie auch nicht verstanden. Für so alte Menschen wie ihn, meinte der Mann, seien so lange und auch komplizierte Predigten einfach nichts mehr. Max wusste nicht so richtig, was er danach noch sagen sollte und nach ein paar Schritten verabschiedete er sich und war froh, als der Alte ganz lieb meinte, er solle ruhig gehen und brauche wirklich nicht mit ihm in diesem Schneckentempo nach Hause schleichen.

Seit dann führten die beiden jedes Mal, wenn sie sich begegneten, ein kurzes Gespräch, manchmal auch etwas längere und Max erfuhr, wo der alte Mann seine Wohnung hat und auch, dass er Herr Steinmetz heißt. Die Gespräche wurden immer etwas länger und auch traute sich Max immer mehr Fragen zu stellen. Etwa wollte er wissen, ob sein alter Wegkumpane früher als Steinmetz gearbeitet hat. Oder warum er so hohe Absätze an seinen Schuhen hat. Herr Steinmetz beantwortete Max nicht nur seine Fragen, er erzählte ihm auch sonst immer recht viel. Wenn ich Max aber fragte, wovon Herr Steinmetz denn erzählt, wusste er immer nicht so genau, was es eigentlich war. Als ich wissen wollte, ob er es denn schlicht vergessen würde, wurde Max etwas rot im Gesicht und zuckte mit seinen Schultern.

Aber es gefalle ihm sehr gut mit Herrn Steinmetz und mittlerweile geht er auch schon öfters mit ihm in seine Wohnung. Dieser zeigt ihm dann verschiedene Heiligenbilder, es riecht immer recht streng nach irgendeiner Creme, mit der man sich einreiben kann, um seinen Husten wegzubekommen und jetzt in der Weihnachtszeit gibt Herr Steinmetz dem Max auch jedes Mal einen Lebkuchen mit. Immer ist es einer von den braunen, dabei mag er doch die weißen am liebsten, aber er sagt nichts, bedankt sich und Herr Steinmetz lächelt glücklich.

Max gefällt es bei Herrn Steinmetz so gut, dass er schon nach jedem Ministrieren darauf hofft, ihn zu treffen. Ein paar Tage vor Weihnachten war vom ersten Moment der Messe an ein komisches Gefühl in Max’ Bauch: Der Platz seines Freundes war leer und das Kissen hing so an dem Haken, als würde es jemand anders dort vergessen haben. Diese halbe Stunde war eine der längsten, die Max erlebt hatte, denn er beschloss sofort, als er sah, dass Herr Steinmetz fehlte, auf dem Heimweg bei ihm zu klingeln und nachzusehen, warum er nicht da ist. Wie beruhigt war er, als Herr Steinmetz die Türe öffnete und ihm mit ganz ruhiger Stimmer erklärte, er habe heute ersatzweise zu Hause einen Rosenkranz gebetet und sei deshalb nicht in die Kirche gegangen, weil er nicht gehen könne, da der Boden gefroren und spiegelglatt ist. Daran hatte Max gar nicht gedacht, dass die alten, doch sehr ungeschickten und etwas lahmen Beine des Herrn Steinmetz mit diesem Bodenfrost ihre Probleme hatten. Da war der Tag wieder in Ordnung.

Als ich Max einmal fragte, warum genau er eigentlich so gerne bei Herrn Steinmetz sei, schaute er mich mit großen Augen und einem glücklichen Gesicht an, und sagte, so als sei er stolz, die Antwort zu wissen: „Ich weiß nicht!“

Weihnachtsgeschichte (ausgekramt)

Es war einmal ein junger Mann, der lebte einsam und verlassen mit seinem Hund in einer Hütte am Waldrand. Es gab Menschen, die konnten sich nicht vorstellen, wie man denn so abgelegen glücklich sein konnte, die schwärmten immer von den großen Städten, in denen viele Menschen zusammen kommen, aber der junge Mann brauchte nicht oft in die Städte zu gehen, um zu wissen, dass er in seinem kleinen Häuschen glücklicher lebte.

Da brach eines Winters der Schnee über den Wald und auch über das kleine Anwesen des Mannes und seines Hundes herein. Das freute ihn sehr, denn er hatte schon lange keinen Schnee mehr gesehen, und jetzt viel eine Menge und solch flockiger Schnee, da wollte er gleich mit seinem vierbeinigen Freund hinaus gehen. So gingen sie ein Stückchen durch den Wald, kamen aber bald auf eine Lichtung oben am Berg. Da pustete der Wind stark umher und ließ die Schneeflocken ganz verwirrt und hektisch mal nach links, mal nach rechts, dann nach oben schießen, nur um sie schließlich doch mit einer Wucht auf den Boden knallen zu lassen, dass sich der Mann wunderte, keine Erschütterung von den vielen Flocken, die so zur Erde schossen, zu spüren. Und ein Lärm war das, der Wind pfiff nicht nur ein Lied, er schrie die Herbstgeister hinfort und kündigte den Einzug des Winters lauthals an.

Es herrschte also ein Schauspiel, dessen Macht den verhältnismäßig winzigen Mann mit seinem noch kleineren Hund erschauern ließ und dafür sorgte, dass er seinen Respekt vor der Stärke und Größe der Natur nicht verlor. Ihm wurde wie so oft klar, dass er viel mehr von ihrer Gunst abhängig ist, als von der des Reichtums. Als er aber wieder in den Wald zurückkehrte, da wurde ihm wohlig warm in der Brust. Hier spürte er nicht minder die Kraft der lebenden Natur, aber hier wurde er vor dem eiskalten und frechen Wind beschützt. Die Bäume gesellten sich um ihn wie alte Freunde und nahmen gern die Peitsche des Windes auf, nur um Mann und Hund vor ihr zu bewahren. Und so fühlte er etwas, das er in diesem Moment nicht anders als „Weihnachten“ nennen konnte.

Ihm wurde klar, dass dies nicht weniger aber auch nicht mehr als ein Gefühl ist, und dachte bei sich: „Ach wie froh bin ich doch, dass ich mir keinen Weihnachtsbaum in die Stube gestellt habe. Vielleicht würde dann genau dieser Baum jetzt fehlen und ich müsste jämmerlich frieren und könnte die Augen wegen dem prasselnden Schnee gar nicht öffnen und mein Weihnachten wäre dahin.“ So geht er, dieses Gefühl genießend, weiter, und freut sich wieder einmal, nicht in der Stadt zu sein, wo Weihnachten durch in Fenstern blinkende Sterne und durch sonderbare Versammlungen vieler Menschen in großen Häusern mit Türmen und Glockenlärm herbeizuholen versucht wird.

Mäuseblick

Gehen auch Mäuse auf die Straße, um gesehen zu werden? Gehen sie auch mit den Augen der Anderen aus und sehen nur sich? Sehen aber selbst nicht, oder denken, selbst nicht zu sehen obwohl ja doch nur sie sehen und werden darum nie richtig sehen, weil ihn jegliche Perspektive fehlt? Oder ist dieses Sehen die einzige Art, die es gibt? Gibt es nur ein aus den Augen gegebenes Sehen? Und wer die Augen von Mäusen schon mal aus der Nähe gesehen hat, der kann sich das jetzt sogar physisch vorstellen.

Aber Spaß beiseite: Wie viel hat etwa Partnerschaft mit dieser Art des Sehens zu tun? Leben Mäuse nicht in einer visuellen Welt, in der das Auge zählt, bestimmt und formt? Ist dies ein glücklicher Umstand, wird das Leben dadurch einfacher, weil einspuriger? Und wenn sie dann zu zweit auf die Straße gehen, wie sehr sehen sie dann ihren Begleiter als sich selbst, wie sehr verschmelzen sie in ihrem eigenen Blick, der ja der Blick der anderen zu sein meint, zumindest in ihren eigenen Augen? Gut so, denn wie leicht können sie sich selbst dadurch verändern, dass sie bestimmen, neben wem sie herlaufen?

Ein anderes Beispiel: wie sehr hängt Überleben mit diesem Sehen zusammen? Eine grausame Unachtsamkeit, eine unangebrachte Unsicherheit, ein falsch abgeschätztes Tempo…wie gefährlich kann dies sein? Ist dieser Gefahrenbereich nicht abgewandt, wenn sich die Maus klar sieht und nicht krampfhaft den richtigen Blickwinkel auf sich selbst suchen muss? Und was verhilft zu diesem klaren Blick? Der tiefe Atem? Der aufrechte Gang? Die Kraft in der Brust?

Fragen, die die Nacht nicht braucht. (Warum zum Beispiel bin ich eine Maus?)

Geschichten von den Toten von den Lebenden

„Hier stehe ich und kann nicht anders!“ oder „Wenn ich wüsste, dass die Welt morgen unterginge, würde ich heut ein Apfelbäumchen pflanzen.“ oder auch: „Was rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmecket?“ … dies sind alles Aussagen, die man Martin Luther zuschreibt. Und genau dadurch, dass sie von einer solchen Persönlichkeit stammen sollen, werden sie salonfähig. Wenn also eine Aussage eigentlich unpassend, unrüchig oder sonstwie unschicklich wäre, dadurch dass der Sprecher sich einer Autorität bedient, brüstet er sich gleichzeitig mit gewisser Bildung und braucht sich nicht mehr zu rechtfertigen.

Froh über die Möglichkeit, sich auf einen großen Geist zu beziehen, sind bestimmt auch einige Schüler, die wissen, dass Einstein selbst schlecht in der Schule gewesen war. Es ist unbestreitbar hilfreich, Gewissheit darüber zu haben, dass schlechte Schulnoten nicht mit Dummheit gleichzusetzen sind.

Pazifisten bedienen sich gerne des Brecht-Zitats: „Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin!“ oder Extremisten von der anderen Seite, die auch mal herauskehren wollen, dass der nasenbreit-schnauzbarttragende Diktator der dunklen Vergangenheit Deutschlands auch Gutes für unser Land getan habe, berufen sich etwa darauf, dass er die erste deutsche Autobahn gebaut habe und durch ihn Deutschland mit Schnellstraßen und gleichzeitig mit Arbeitsplätzen ausgestattet wurde.

Aber all das, Luther, Brecht, Einstein, Hitler… alles falsch! Es war ganz anders und stimmt so nicht! Luther und Brecht haben das nie gesagt, auch zu Brechts Einstellung passt dieses Zitat und dessen Auslegung überhaupt nicht, ebenso war Einstein ein guter Schüler und Hitler hat erstens nicht die erste Autobahn gebaut und auch nicht sonderlich viele Arbeitsplätze damit geschaffen, so ja auch die Mär von der Vollbeschäftigung zu Hitlers Zeit längst als solche enttarnt worden ist, aber die propagandistische Darstellung dieser Leistungen hat sich wohl tief eingeprägt und einige Menschen glauben noch immer daran.

Besonders schwach ist, dass derartige Gerüchte nicht nur vom deutschen Michel angenommen werden, sondern auch von seriös anmutenden Menschen. So hat etwa die Wirtschaftsredakteurin der New York Times, Dava Sobel (die ich hier auf keinen Fall schlecht machen will, hat zumindest schon ein tolles Buch geschrieben!), in ihrem Buch „Galileos Tochter“ die Geschichte schlicht übernommen, Galileo habe die Fallgesetze dadurch belegen wollen, dass er Gegenstände vor Kritikern vom schiefen Turm von Pisa habe herunterfallen lassen.

Vieles andere, etwa dass auch die Leminge keinen kollektiven Selbstmord begehen, kann man hier nachlesen. Aber halt, haben nicht auch die, die diese angeblichen Gerüchte in die Welt gesetzt haben, behauptet, es genau und sicher zu wissen?? Glaube jeder, was er/sie mag – no worries!

Ur-Tanz

Wie bereits erwähnt, habe ich eine 16 Monate junge Nichte. Was mir an kleinen Kindern unter vielem anderem so gut gefällt, ist die Tatsache, dass sie Dinge tun, die nicht durch irgendwelche Regeln bestimmt sind. Es gibt in ihrem Kopf kein ‚das macht man halt so‘, und das is ne Basis für echte Kreativität. Eine Sache, die Zusammensein mit Kindern so schön macht und wodurch wir Großen oft etwas neidisch werden können.
So ist es etwa auch sehr schön mit anzusehen, wie sie auf bestimmte Töne oder Musik reagiert. Sie will Musik haben, fordert es immer mal zwischendurch. Und wenn sie richtig von dem, was sie hört, ergriffen wird, dann beginnt sie zu tanzen. Von außen betrachtet sieht es immer so aus, als würde wirklich ein Schalter in ihr betätigt, denn egal ob sie gerade einfach geht, trinkt, spielt oder sich augenscheinlich auf andere Dinge konzentriert, wenn sie tanzen muss, dann muss sie eben tanzen, und dann kann sie auch nix davon abhalten. Am ehesten passiert das bei Musik oder Tönen, die quasi live von irgendjemandem hier im Haus gemacht werden. Das allerschönste dabei ist ihr Tanzen selbst, wobei es schon eine Entwicklung nachzuzeichnen gibt:
Die ersten Tänze waren von kurzem und ruckartigem in-die-leichte-Kniebeuge-fallen geprägt. Dieses im Takt wiederholt und mit ihren neugierig blickenden Augen ist ein wahrer Genuss. Dabei habe ich immer den Eindruck, dass sich die Neugier nicht ausschließlich auf die Musik richtet, die sie eben hört. Ich glaube, sie ist gefangen von der ganzen Situation und ihre Aufmerksamkeit und Neugier wird in gleichem Maße von ihr selbst bzw. ihrem Körper gefangen. Ein Naturwunder, das sie gerade entdeckt: ‚ich beginne zu tanzen wenn diese mehr oder weniger geordneten Geräusche kommen‘.
Es blieb nicht bei dieser einen Tanzbewegung. Nach einiger Zeit hatte es auch den Oberkörper erfasst und sie begann eine Art Flatterbewegung mit leicht abgespreizten Armen zu machen. Erst nur getrennt, mal Kniezucken, mal Armflattern, aber dann auch mal in Kombination. Mich hat es manchmal an ein Huhn erinnert, das gern mal fliegen will, es aber einfach noch nicht schafft. Obwohl kein Moment der Verzweiflung zu sehen war, sondern die Freude nur noch größer zu werden schien, vielleicht einfach dadurch, dass jetzt viel mehr Körper aktiviert ist und gößere Bewegungen auch größere Effekte verursachen können. Vielleicht fliegt sie ja dabei doch auf eine bestimmte Weise.
Nun gut, eine letzte Stufe fehlt noch und diese legt nahe, dass mein Eindruck mit dem Versuch zu Fliegen nicht so gefehlt war. Sie findet Gefallen an diesem Armflattern und beginnt dazu zu rennen. Eben so wie ein Flugzeug, und bissi hebt sie dabei bestimmt auch ab… Neben der Tatsache, dass sie zu tanzen beginnt, wenn Musik ertönt, entdeckt sie anscheinend auch noch, dass ihr dieses Tanzen gut tut. Ich glaube, sie hat noch nie ein Flugzeug oder einen Vogel bewusst wahrgenommen, aber sie weiss schon, wie sie sich selbst in die Höhe bringt und macht es einfach wenn ihr danach ist. Wie schön und beneidenswert!

Hinauf, Affe!

Es passiert andauernd: die Affen in unserem Urwald fallen von den Bäumen. Manche sehen wir fliegen, einige von ihnen schütteln wir sogar mutwillig herab, aber die meisten fallen erst beim Erreichen des Bodens auf, da das Dickicht der Urgewächse einfach ein rechtzeitiges Erkennen verhindert. Und so kommt es auch nicht zu selten vor, dass wir uns auf unserem Boden mit Affen herumschlagen, oder sagen wir abgeben müssen, die uns gar nicht so gelegen kommen, da wir sie erstens nicht herbeibefohlen haben und uns auch nicht auf sie vorbereiten konnten. Mit manchen kommen wir dann doch gut zurecht, was uns große Freude bereitet, allerdings geben uns auch viele Aufgaben auf, denen wir zum einen nicht gewachsen sind, zum anderen aber auch nicht ausweichen können. Denn ja, es ist so, dass die Wege, die man in so einem verwachsenen Gebiet gehen kann, sehr begrenzt sind. Und wer will denn schon zurück?! Aber auch hier: normalerweise gibt es einen Ausweg, der sich von selbst darbietet: der Affe selbst! Ihm wird das bloße Wegversperren langweilig. Wir geben uns ja kaum oder gar nicht mit ihm ab, weil wir einfach nicht wissen, wie ihn zu nehmen. Leider sind die meisten von uns einfach keine Affenexperten. Und an sie gewöhnen kann man sich auch nicht richtig. Mögen sie zwar einander oft sehr ähneln, so sind sie doch alle verschieden. Manche ruhig und sehr verschreckt, andere aber wild und angriffslustig, unzähmbar. Auch ein langer Weg schützt nicht davor, wieder einem ganz neuen Typ von Affen zu begegnen! Also wie gesagt: diese Sorte von ‚ungebetenem Affen’ meiden wir, wodurch der Affe selbst früher oder später auch keinen Sinn mehr darin sieht, auf dem so öde unbewegten Boden zu bleiben und sich lieber wieder hoch hinauf in seine vom Wind bewegten Äste begibt. Und: der Weg ist damit wieder frei und wir können weiterziehen.
Aber ich weiß nicht recht: liegt es an der Jahreszeit oder haben sich die Affen total verändert oder ist der Wald in einer Krise – es ist zur Zeit so, dass die Affen, die schon längst wieder hochklettern wollen, dies einfach nicht schaffen. Entweder sind die ersten Äste viel zu hoch und der Stamm zu glatt, oder die Affen selbst kommen einem vor wie betäubt und torkeln nur unten haltlos herum oder sie schaffen ein paar Höhenmeter und rauschen dann – man wägt sich schon in Sicherheit (gerade darum sind diese Fälle die Schlimmsten) – schreckeneinjagend wieder gen Boden!
Man weiß leider einfach noch nicht, woran das liegt, mit welchen eigentlichen Schwierigkeiten man es zu tun hat, aber es wird eingehend geforscht und es könnte ein Nobelpreis in dieser Riege vergeben werden. So hoffen wir, oder soll ich nur von mir sprechen?, dass unsere Wälder wieder ins Gleichgewicht kommen und auch die Affen ihr gewohntes Spiel wieder aufnehmen können.
In diesem Sinne…

Schöne Aussichten

Meine 16monatige Nichte findet zur Zeit großen Gefallen daran, meinen Namen zu rufen. Das freut mich sehr, besonders da sie ihn so lustig ausspricht, wie ich es zuvor noch nie gehört hab.
Neulich war sie alleine am Tisch und blätterte in der Fernsehzeitung. Plötzlich ein sehr lauter Ruf nach mir. Als ich dann zu ihr kam, stand sie da vor dieser Zeitschrift und deutete auf ein Bild und wiederholte meinen Namen noch einige Male. Auf dem Bild war ein ebenfalls schwarzhaariger Mann abgebildet, dem sie anscheinend Ähnlichkeit mit mir bescheinigte. Was mich zum Schmunzeln brachte, war die Tatsache, dass es sich um einen Schauspieler handelte, der von vielen Frauen vergöttert wird, und da kommt meine unvoreingenommene Nichte, sieht dieses Bild und identifiziert mich sofort mit…George Clooney! Bestimmt hat sie gleich erkannt, dass ich eigentlich die gleichen Züge und Wesensmerkmale habe, wie er. Ich weiß zwar nicht sehr viel über ihn, aber ich glaube, in meinem Alter war er noch nicht sooo bekannt und verehrt, und drum kann ich mir ja nur gute Hoffnungen auf eine – wie auch immer – erfolgreiche Zukunft machen. Oder ist an George noch mehr wie sein Aussehen?? Muss ich etwa auch noch ein guter Schauspieler werden?
Dieses Hochgefühl wurde ein wenig gedämpft, als meine Nichte jetzt noch einmal beim Anblick eines anderen Mannes genauso reagiert hatte. Es war das erste Mal, dass sie diesen – ebenfalls Schauspieler – im Fernsehen gesehen hatte: Mr. Bean!! Bedeutet das jetzt, dass der Unterschied zwischen Clooney und Atkinson rein äußerlich wirklich nicht so groß ist? Liegt der Ausschlag des unterschiedlichen – besonders weiblichen – Feedbacks doch woanders? Oder unterscheidet meine Nichte einfach blonde von schwarzen Haaren? So wie sie auch Zebras und Löwen ‚Wau-Wau’ nennt?
Hm, Frauen müsste man verstehen…

Herrings FRTs – communication under water…

Ich habs ja schon immer gewusst. Es ist bei allen Tieren so, dass alle biologischen Abfälle, die sie produzieren, eben nicht nur Abfall sind, sondern auch zweckdienlich, meist mit kommunikativen Absichten, eingesetzt werden. Es wird etwa ein Besitzanspruch damit ausgedrückt, es werden aber auch Informationen über Alter, Geschlecht oder auch Paarungsbereitschaft über Exkremente veräußert.
Allerdings wurde bisher wenig erforscht, ob denn der Ton, Wind, Fleuch, Puff, Pups oder einfach Furz auch mehr als nur Abgas bedeuten kann. National Geographic schreibt jetzt, dass Wissenschaftler herausgefunden haben, Heringe würden ihre Pupse zum Kommunizieren einsetzen. Besonders nachts setzen sie unübliche Pupsgeräusche frei (‚Fast Repetitive Ticks‘ – FRTs), die solchen Kommunikationsabsichten dienlich sein könnten. Möglicher Weise haben die Heringe allerdings eine besondere kleine Vorrichtung gleich neben ihrem Anus, eine Art Blase, mit der sie Luft an der Oberfläche aufnehmen, speichern und dann später wieder freisetzen und dabei hohe Frequenzen erzeugen, die ihre Artgenossen auf Grund ihres sehr empfindlichen Gehörs wahrnehmen können. Weitere Einzelheiten stehen im Artikel.
Ich wurde dadurch aber angeregt, mich zu fragen, wie das bei uns Menschen in Zeiten vor der Entwicklung der Sprache gewesen sein mag. Ob diese ‚Ausdrucksmöglichkeiten‘ vielleicht ebenfalls intensiver genutzt wurden? Ich erinnere mich dabei an meinen Zivildienst in einer Behindertenwerkstatt. Da war der Fred, ein gut übergewichtiger Mann, der eine starke Ausprägung des Down-Syndroms hatte. Er konnte nicht sprechen und war auch was Gestik und Mimik betrifft ein sehr zurückhaltender Typ. Er hatte Vorlieben, die nicht immer auf Akzeptanz stießen. So stöberte er etwa des öfteren in der Lagerhalle der Werkstatt und nahm sich gerne das eine oder andere mit. Das ging natürlich nicht (es sei denn, es handelte sich um ein Stück Abfall), und so musste der Lagerverwalter einschreiten und ihm die Erfüllung seines Wunsches versagen. Es gab auch noch weitere Situationen, in denen Fred nicht machen durfte, wonach ihm gerade gewesen wäre. Bemerkenswert ist seine Reaktion in diesen Momenten. Sobald er merkt, dass er resignieren muss, dreht er sich um, senkt den Kopf und geht von dannen und schafft es – unglaublich – bei fast jedem Schritt kurz aber laut zu furzen! So an die 10 Stück schafft er dabei schon mindestens! Bei ihm ist dies also eindeutig ein äußerer Ausdruck seines inneren Gefühls der Enttäuschung bzw. des Ärgers.
Wenn wir Tage haben, an denen wir von Blähungen geplagt werden, können wir immer Ursachen in unserer Nahrungsaufnahme abliefern: Da haben wir entweder Bohnen, Sauerkraut, Zwiebeln, Rosinen, Kohl, Käse, Milch, Linsen, Bier oder wer weiß was noch zu uns genommen. Es gibt so viele Nahrungsmittel oder Getränke, die angeblich für eine erhöhte Gasproduktion sorgen, dass wir eigentlich jeden Tag Probleme damit haben sollten. Aber dem ist doch nicht so! Und daher frage ich mich, welche zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, dass wir einen Pupstag erleben dürfen. Kann nicht hier eine Mögliche Antwort verborgen sein? Kann es nicht sein, dass bestimmte Emotionen mitbestimmend wirken? Beobachten wir uns doch mal alle selbst, ob wir an blähungsreichen Tagen wiederholt ähnlichen inneren Verfassungen ausgeliefert sind!
Interessant auch: Hummer pinkeln sich gegenseitig ins Gesicht, wenn sie kämpfen. Und wenn ein Weibchen an einem Männchen interessiert ist, dann geht sie zu seinem Unterschlupf und pinkelt da rein. Das bewirkt, dass sich das Männchen an den Geruch des Weibchens gewöhnt, denn diese Prozedur wird öfters wiederholt, aber es führt auch dazu, dass das Männchen sich entspannt!
Wie wohlig und weihnachtlich…

Suicide Walk

Na sowas: Meine Mutter ging heute im Park spazieren! Das besondere daran: völlig unerwartet tut es etwa drei Meter vor ihr einen dumpfen Knall! Verursacher dieses Knalls ist ein etwa 65jähriger Mann, der sich das Leben nehmen wollte und von der nebenstehenden Mauer sprang als meine Mutter dort gerade vorbeilief. Stellt sich mir die Frag: hat dieser Mann absichtlich diesen knappen Abstand zu einem Fußgänger gewählt, um gefunden zu werden? Wollte er demnach die Möglichkeit wahren, gerettet zu werden? Wollte er gar nicht sterben und das war nur der so berühmte ‚Hilfeschrei‘, und er hat sich damit ein Gespräch mit seiner Frau oder anderen nächststehenden Verwandten gespart? Oder hat er schon stundenlang oben auf der Mauer verharrt, den Blick starr in die Unendlichkeit gerichtet, bis er sich innerlich endlich überwunden hatte, abzuspringen? Das würde bedeuten, dass meine Mutter froh sein kann, nicht zwei Schritte früher dort gewesen zu sein! Was bedeutet dieses Ereignis überhaupt für meine Mutter? Natürlich ist sie auch sehr mitgenommen und ruft schon seit Stunden Freunde an, damit sie mit jedem über ihr Erlebnis reden kann – eine Art Verarbeiten bei ihr.
Nun gut, sowas bringt die Weihnachtszeit einfach auch mit sich, schlimm nur, wenn man es so direkt erleben muss…

Letzter Wunsch

Hilfe, hilfe! Ich brauche jemanden, der/die am 17.Februar 2060 etwas Zeit für mich hat! Ich werde an diesem Tag sterben und da ich auf keinen Fall in eine Holzkiste eingesperrt oder verbrannt werden will, sondern in einem einsamen Stückchen Wald ein leckerer Schmaus für hungrige Münder sein will, brauch ich Hilfe bei der Auswahl des Platzes und auch beim Transport dorthin. Ich werde an diesem Tag wohl nicht mehr so agil sein. Als Gegenleistung biete ich eine Lebensgeschichte, die ich selbst noch nicht kenn und bissi Spritgeld! Wenn du dich angesprochen fühlst, wenn du der barmherzige Mensch sein willst, der mir diesen Wunsch erfüllen mag – es wird mein letzter sein! – dann bitte ich dich zunächst, selbst auf diese Site zu gehen und zu überprüfen, ob du an diesem Tage noch unter den Lebendigen weilen wirst. Denn es wäre zum Glatze kratzen, wenn ich in meinen Ablebetagen noch kurzfristig auf die Suche nach einem Ersatz gehen muss, nur weil du nicht gewusst hast, dass du vor mir von dannen ziehst! Aber wenn dem nicht so sein sollte, dann melde dich doch bei mir! Rechtzeitige Planung gibt Sicherheit! Danke! Posted by Hello