Fight fire with water, not fire!

Sehr geehrter Herr Schäuble,

was terroristische Anschläge angeht, sind wir Deutschen bisher wenig betroffen gewesen und haben selten zu den Opfern gezählt. Das ist doch ein status quo, den wir beibehalten wollen und auch sollten.

Der Fall Osthoff scheint Sie aber etwas darin zu beflügeln, uns die Nähe der Gefahr des Terrorismus zu verdeutlichen und auf diese neue Angst aufbauend uns von der Notwendigkeit schärferer Gesetze zu überzeugen. Sie wollen im Zuge dessen erlauben, Menschen zu inhaftieren, die in einem Ausbildungslager gewesen sind.

Stopp stopp! Ich weiß nicht, was Sie langfristig beabsichtigen, aber ich habe das ungute Gefühl, dass Sie hier ein propagandistisches Werkzeug auspacken wollen, durch welches der einzelne Schritt, den Sie gehen, angesichts des zuvor gesagten sinnvoll erscheinen mag. Und darum mag ich bitte sehr schon bei den ersten, noch harmlos wirkenden Bewegungen Ihrerseits in diese Richtung einhaken, und darauf hinweisen, dass Sie hier schon ein Argumentationsgerüst aufbauen, das nicht haltbar ist!

Es gibt keinen Grund, die Aggression gegenüber vermeintlichen Terroristen höher zu schrauben, ohne dass diese sich in irgendeiner Form strafbar gemacht haben. Damit reizen Sie diese Spezies doch nur, bringen uns möglicherweise sogar in eine höhere Gefahr und könnten dadurch am Anfang eines Teufelskreises stehen. Folgen dann irgendwann auch Anschläge auf deutschem Boden, dann werden Sie sagen wollen, wir sind ein unschuldiges Land, dass sich sogar bei dem Krieg gegen Saddam Hussein zurückgehalten hat und die willkürliche Gewalt selbst gegen uns zeige, dass man verschärft gegen Terrorismus vorgehen muss. Usw. usw…

Herr Schäuble, ich bitte Sie, halten Sie den Ball tief und vor allem: erhitzen Sie ihn nicht. Ihr Osthoff-Argument besitzt keine Kraft, wir kennen die Hintergründe der Entführung derzeit noch nicht. Aber selbst wenn sie terroristisch motiviert ist, so wäre dies doch kein Grund, unser grundlegendes Aggressionslevel anzuheben. Ich hoffe sehr, sie haben nichts von Herrn Bush gelernt, der – ebenfalls mit solch Minischritten angefangen – auf diese Weise gegen Saddam und den Irak vorgegangen ist.

Schaffen Sie uns bitte keinen Feind!

3 Gedanken zu „Fight fire with water, not fire!

  1. Rotfell

    Das ist doch nur mal wieder das typische Politgehabe, weil eine Deutsche betroffen ist und man so Stimmen einfahren kann. Die Politiker denken, daß die Öffentlichkeit so etwas von ihnen erwartet. Mir persönlich wäre zwar eine stille Lösegeldzahlung lieber, falls solche Forderungen eingehen oder eingegangen sind (so hat es Italien mit zwei Reporterinnen gemacht), aber nun ja…ich bin ja auch nicht die Öffentlichkeit. 🙂

    Grundsätzlich kann man aber auch nicht sagen: „Das ist im Ausland, das betrifft uns nicht!“ Ich finde auch, Schroeder hat den Balanceakt damals im Irak gut gemeistert von wegen passive Unterstützung und keine aggressive. Hut ab, Herr Schroeder. Sie haben richtig gehandelt!

    Würden wir aber alles ernst nehmen, was Politiker den lieben langen Tag erzählen, würde gar niemand mehr wählen gehen. Zudem haben wir etwas wie Menschenrechte, die in Deutschland streng behandelt werden. Von wegen „jeden inhaftieren“…Menschenrechtler gehen schon bei dem Gedanken auf die Barrikaden, kann ich mir vorstellen. Manche Dinge sind in Deutschland nicht durchsetzbar. Wir sind nicht Amerika!

    Ok, die neue Regierung hat eine andere Einstellung zu solchen Themen, aber auch sie werden genügend Menschenverstand haben, um nicht schlafende Hunde zu wecken.

    Wobei ich mich auch an irgendeinen Zwischenfall kürzlich in einer UBahn in Deutschland erinnere, in der drei mutmaßliche Terroristen einen Anschlag anscheinend geplant haben (ich glaube, das war Hannover) und dabei von jemanden belauscht wurde. Der rief die Polizei, Grofahndung folgte etc.

    Also, so weit weg ist die Gefahr wohl doch nicht, wie wir es gern hätten.

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  2. Iwi

    Das ist Politgehabe, klar! Und der Fall Osthoff betrifft uns natürlich auch ganz direkt, keine Frage! Was ich eben nur befürchte ist, dass er missbraucht wird, um Schritte zu rechtfertigen, die sonst nicht zu verwirklichen wären. Den Zeitpunkt nutzt Schäuble aber genau dazu aus, um eine Mehrheit mit Angst zu füllen und eine – zunächst nur kleine – Beschneidung der Menschenrechte hier durchzusetzen. Normalerweise schwer, wie du schon richtig sagst!

    Und abgesehen davon, dass eine Einschränkung der Menschenrechte per se zu verurteilen ist, befürchte ich eben auch die möglichen Folgeschritte auf der einen Seite, wenn dieser erste doch einmal getan ist, und andererseits auch die Auswirkungen dieser in meinen Augen offensiven und aggresiven Politik, die nicht mehr den Kurs der friedlichen Auseinandersetzung, sondern den der offenen Konfrontation gehen will.

    Klar, mit der jetzigen Forderung Schäubles findet noch keine Umwälzung des status quo statt, aber das wäre in einem Schritt auch gar nicht möglich, und genau das befürchte ich eben, dass wir hier am Anfang eines solchen Weges stehen.

    Ich bin gespannt!

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  3. Rotfell

    Was wir auch nicht bei solchen Dingen vergessen dürfen, sind die Grundgesetze, die solche Handlungen spätestens am Bundesgerichtshof scheitern lassen. Und bis diese Handlungsvorschläge erstmal am Bundesgerichtshof sind, vergeht laaange Zeit. Wir sind da nicht so impulsiv und flott wie die USA, bei denen anscheinend der Präsident nur mit dem Finger schnippen muß und schon sind sie im Krieg

    Glaub mir, die Öffentlichkeit hat ein Siebhirn…was heute in den Nachrichten war, wissen die meisten spätestens übermorgen nicht mehr oder es interessiert sie (leider) nicht mehr. Also auch Schäubles Blabla wird wieder vergessen wie alles andere auch.

    Ich denke, die Angst vorm Terror kann Schäuble nicht schüren, denn die Angst ist mittlerweile schon allgegenwärtig: sei es am Flughafen oder im Urlaub , jeder macht sich insgeheim so seine Gedanken, was wäre wenn…

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