Unverwechselbar

Die Ausscheidungen von Tier und Mensch sind grundlegend unverwechselbar. So meine Einstellung als Kind. Die ersten Haufen, die ich von Tieren gesehen habe, waren die von Hühnern, Pferden und Gänsen. Und da war es eindeutig, die sehen anders aus. Als wir dann in die Stadt gezogen sind, dann gab es weniger herumstreunendes Getier, eigentlich gar keines mehr, um genau zu sein. Dafür streunten wir Kinder. Wir durchstöberten Büsche in den Stadtparks, kletterten an der alten Stadtmauer auf und ab und bei diesem Streunen durch die entlegensten Ecken trafen wir auch Stadtbewohner, die im freien lebten, Obdachlose. Immer wieder stolperten wir beinahe über deren Ausscheidungen. Diese waren in den Büschen verteilt, in denen wir uns zum Beispiel versteckten. Was mir dann aber doch mit Verwunderung auffiel: Diese Toilettenplätze der Wohnungslosen befanden sich immer wieder mal gar nicht so versteckt hinter einem Strauch, sondern bisweilen sogar mitten auf einer blanken Wiese. Ich malte mir aus, dass der Ex-Besitzer sich da bestimmt nachts hingeschlichen hat, um sich dieser Last zu entledigen, denn sonst hätte ich ja bestimmt auch schon einen gesehen, wenn dies eine Tagesarbeit gewesen wäre. Das war also noch erklärbar. Ich geriet allerdings in Schwierigkeiten, als ich so einen Haufen das erste Mal direkt am Straßenrand auf dem gepflasterten Gehsteig sah. Wie konnte man sich nur hier hinsetzen um dies zu tun? Auch nachts gab es hier Beleuchtung. Wie dreist kann man nur sein, oder wie ängstlich muss ich sein, dass ich mir nicht im geringsten vorstellen konnte, dies auch fertig zu bringen.
Verständnislosigkeit begleitete mich, so lange, bis ich den ersten etwas größeren Hund beobachten konnte, während dieser seine Biowurst ablegte. Die sah ja sowas von menschlich aus! Tausend Lämpchen gingen in meinem Kopf auf und ich musste nicht mehr zwanghaft beim Anblick eines Obdachlosen an Dreistigkeit denken. Heute begegnete mir wieder ein solches Kunstwerk mitten auf dem Gehsteig und ich male mir jetzt die Dreistigkeit von Hundebesitzern aus.

4 Gedanken zu „Unverwechselbar

  1. Rotfell

    was kann man dazu sagen? Öhm, du hattest als Kind offensichtlich einen großen Ordnungssinn. Jedes Töpfchen hat sein Deckelchen… nur schade, daß man heutzutage in Städten immer aufpassen muß, wohin man seinen Fuß auf dem Gehsteig setzt, um nicht in so eine Tretmine zu stampfen…das verdirbt mir ein wenig die Freude am Bummel durch die Stadt, muß ich gestehen.

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  2. Iwi

    Das mit dem Ordnungssinn hätte sich mal mehr auf mein Zimmer ausgewirkt, zumindest hätte sich das meine Mutter gewünscht.
    Besonders lecker ist so eine zertretene Mine dann, wenn der Schuh noch recht neu ist und ein gutes, somit tiefes Profil hat.

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  3. Etosha

    Ich find diese Geständnisse vom Typ ‚Was ich als Kind glaubte‘ herrlich – es sind oft so naheliegende, so logische Schlüsse dabei, so wie dieser hier. Eigene Geständnisse vorbehalten. 🙂

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  4. Mil

    Erschreckend finde ich eigentlich das man sich als Bewohner einer Stadt unbewusst darauf trainiert auf Hundehaufen zu achten. Nichts mit Augen und Gedanken in Richtung Himmel und Sonne streifen lassen. Nein, man guckt instinktiv nach unten. Und dabei sinniere ich doch so gern vor mich hin.
    Noch schlimmer ist es nur noch wenn man aus dem Auto aussteigt und waghalsige Kurzsprünge über die Grünfläche, in denen man das braune Grauen wähnt, zum eigentlichen Gehweg macht.

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