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Clodt’s Rache

Wo sind wir?

Wir befinden uns in Russland, genauer gesagt in St. Petersburg. Die Stadt liegt am Delta des Newa und ist daher mit etlichen Brücken verziert. Auch wenn diese dazu beitragen, so sind sie doch nur ein Teil dessen, was der Stadt ihren so eigentümlichen Charakter und Charme verleihen. Literarische (Meister-)Werke beziehen die Brücken der Stadt auch immer wieder mit ein, sie dienen dort aber auch im heutigen Alltag der Menschen oft als Orientierung.

Ich befinde mich jetzt auf der Anitschkow Brücke. Sie gehört wohl zu den bekanntesten der Stadt, was zum einen daran liegen mag, dass sie den Newsky Prospekt über die Frontanka führt. Die Fontanka ist ein linker Nebenarm der Newa und der Newsky Prospekt ist sowas wie die Hauptstraße St. Petersburg und eine der wohl bekanntesten Straßen in ganz Russland. Allein über sie und das, was alles auf ihr passiert ist, lässt sich ein Geschichtskurs füllen.

Die Brücke ist aber auch wegen der vier auffälligen Statuen bekannt, die ihre vier Ecken schmücken. Wie es zu diesen Figuren kam und welches kleine Geheimnis in einer davon steckt, das ist – so finde ich – eine erzählenswerte Geschichte. Und falls jemand von euch mal dort sein wird, habt ihr hoffentlich Spaß daran und schaut wegen dieser kleinen Geschichte etwas genauer hin.

Historischer Hintergrund

Die erste Brücke wurde dort 1715 erbaut, damals noch eine hölzerne Variante. Doch der Prospekt gewann schon früh an Bedeutung und die steigende Inanspruchnahme durch den Verkehr brachte die Brücke an ihre Grenzen und so musste sie ca. 1840 erweitert werden.

Der Name der Brücke sollte unverändert bestehen bleiben und nach dem Erbauer der ersten Variante Anitschkow lauten. Zar Nikolaus I., der den Neubau beauftragte, wurde auf den deutschen Baron Peter Clodt von Jürgensburg (1805-1867) aufmerksam. Zwar leistete Clodt Armeedienst als Offizier, jedoch war dies nicht seine Leidenschaft und so orientierte er sich eines Tages um und widmete sich der Kunst und hierbei bevorzugt der Bildhauerei. Pferde bildeten dabei durchgehend seine heiße Leidenschaft.

Weitere Details zu dem Hintergrund erspare ich mir, sie sind an vielen Stellen nachzulesen. Jedenfalls wurde Clodt engagiert und hat die mittlerweile berühmten Rossbändiger geschaffen, die heute noch die Brücke zieren.

Wofür Rache? Und wie?

Natürlich war Clodt sehr engagiert und hat sich freudig in die Arbeit gestürzt. Er schuf diese sogenannten Rossbändiger, die den Russen so wichtig wurden, dass sie sie während des zweiten Weltkrieges für einige Jahre im Garten des nahegelegenen Antischkow Palastes vergruben, um sie vor den Angriffen der deutschen Artillerie zu schützen. Die Beschädigungen der Sockel, auf denen die Skulpturen stehen, wurden übrigens absichtlich zum stummen Gedenken an diese Zeit so belassen und können noch immer betrachtet werden.

Jedenfalls war Clodt in der Schaffungsphase sicher nicht mir viel Freizeit gesegnet und es existiert die – nicht belegte – Geschichte, dass seine Gemahlin in dieser Zeit einen Verehrer hatte und ihren Mann mit diesem betrog. Um sich an diesem Liebhaber seiner Frau zu rächen, entschied er sich, dessen Gesicht an dem Hoden eines der Rösser anzubringen.

Wenn ihr mal dort seid, gönnt euch den Spaß und sucht das Gesicht. Auf dem Bild ganz oben ist es relativ gut zu sehen. Ich verrate aber nicht, bei welchem Ross es sich befindet. Schlimmsten Falles müsst ihr alle vier Skulpturen abklappern. Aber seid beruhigt, die Brücke ist nicht so groß.

Grundlegend macht St. Petersburg Lust auf Kunst, da diese oft mit heiteren Geschichten und spannenden Geschehnissen verbunden ist. Vielleicht schreibe ich euch auch mal, wieso einige Nasen in der Stadt verstreut sind…