Archiv für den Monat: November 2020

remarkable2

Meine ersten Wochen mit dem Papertablet remarkable2

Als ich im Freundeskreis davon erzählte, dass ich nun mein remarkable2 Papertablet erhalten habe, kam von erstaunlich vielen Seiten der Ausruf, dass die Idee und der Wunsch nach diesem Gerät in den Köpfen schwirrt, dass aber die Kosten doch abgeschreckt haben. Es sei sehr interessant zu hören, ob ich es nach einigen Wochen noch genauso nutze wie in der anfänglichen Euphorie.
Nun ist es drei Wochen her, seit ich es habe und nutze, und so werde ich nun hier ein wenig darüber berichten, wie es mir damit ergeht.

Ich möchte zunächst Plus- und Minuspunkte gegenüberstellen, die mir persönlich erwähnenswert erscheinen, dann erzählen, wie ich es nutze und wie sich meine Nutzung vom Anfang bis jetzt geändert hat. Abschließend werde ich fazitieren.[1] Die Infos vom Hersteller selbst könnt ihr euch auf dessen Seite ansehen: https://remarkable.com/

Vorteile

> Schreibgefühl
Es ist wirklich gut, die Hand kann problemlos aufgelegt werden, nichts schmiert, auch bleiben keine störenden Fettrückstände von der Hand.
> Stiftarten
Es gibt eine ausreichende Auswahl an Stiften, mein Favorit ist der Kalligrafie Stift für Überschriften und der Highlighter um Kernworte zu markieren.
> Einschubmöglichkeit und damit die Verschiebbarkeit sowie die Copy & Paste Möglichkeit (dazu unten mehr)
> Magnethalterung für Stift und Case
Ich lege den Stift aus der Hand nie auf den Tisch, sondern klemme ihn immer an das Tablet an, damit verliere ich ihn nicht.
> Rutschfeste Tischauflage durch 4 Noppen.
> Langanhaltende Akkuladung (bei täglichem Gebrauch aktuell min. 5 Tage).
> Alle Dateien durch Cloud-Sync-Option auf allen Geräten verfügbar.
> Flexibles Handling von Seiten (einfügbar, verschiebbar, löschbar)

Nachteile

> Hoher Preis
> Benutzerunfreundliches Handling von ePubs (e-books) und pdf-Dateien.
> Die Menüleiste ist nicht verschiebbar
> Speicher ist nicht erweiterbar.
Allerdings kann ich aktuell noch nicht sagen, ob die knapp 6.5 GB je zum Problem werden, ich habe aktuell 0,41 GB belegt und schon einiges drauf…
> Ab und zu bleiben Schatten der zuletzt geöffneten Seite zu sehen, was aber nach ein oder zwei re-loads wieder verschwindet.
> Nur QWERY-Tastaturlayout verfügbar.
Da es allerdings nicht oft vorkommt, dass man die Tastatur benötigt, ist das leicht zu verkraften.

Grundlegend seht ihr schon: aus meiner Sicht überwiegen die Vorteile nicht nur quantitativ, auch qualitativ sind die Nachteile nicht von hohem Gewicht. Es bleibt der Preis, den man verkraften muss und ich hatte mir ein besseres Handling von E-Books oder pdfs erhofft. Das Problem hierbei ist, dass man nur mangelhaft zoomen kann. Viele Texte sind einfach in sehr kleiner Schrift verfasst. Ich kann zwar zoomen, aber dann muss ich horizontal scrollen. Da sich die Zeilenbreite nicht anpasst, muss ich das in jeder Zeile machen. Dazu habe ich leider keinen horizontalen Scrollbalken, sondern eine Miniaturansicht der Seite mit einem Rahmen, der den sichtbaren Ausschnitt markiert. Diese Markierung muss ich anstatt des Scrollens zu dem Bereich verschieben, den ich lesen möchte. Während des Verschiebevorgangs der Markierung sehe ich diese nicht, ich ziele also blind. Daraufhin wird der neue Ausschnitt geladen, was eine Sekunde dauert. Das pro Zeile zu tun ist einfach inakzeptabel, sollte man das Ziel haben, ein Buch oder lange Texte zu lesen. Um etwas nachzuschlagen ist es allerdings schon passabel.

Die Sache mit der Menüleiste ist so: diese befindet sich links. Sie lässt sich zwar einklappen, wenn ich aber mal das Radiergummi brauche oder den Stift wechseln will, muss ich sie wieder ausklappen. Ich fände sie unten platziert besser, denn da komme ich nur ein Mal pro Seite hin und damit mit ihr ins Gehege. Links aber bin ich bei jeder neuen Zeile. Ist nicht so sehr schlimm, aber wäre eine bessere Usability in meinem Fall. Das mögen andere aber auch anders sehen.

Alles andere aber muss ich sagen, ist sehr vorzüglich. Ich habe vorher Notizen schon immer viel lieber handschriftlich auf Papier gemacht. Einer der größten Nachteile dieser handschriftlichen Notizen gegenüber der Verwendung eines Computers ist, dass nachträgliche Einfälle nur schwer eingeschoben werden können. Klar gibt es Workarounds, aber einfaches Einschieben ist doch noch die schönste Lösung. Manchmal ist auch die Löschfunktion sehr angenehm. Dies alles geht durch die vorzüglichen Funktionen am remarkable2: Ich kann natürlich Passage einfach löschen, aber ich kann sie auch markieren und dann verschieben, kopieren, vergrößern oder verkleinern. Das schließt die Lücke zu dem Nachteil gegenüber der PC-Eingaben. Dazu muss ich nur eine Linie um den geschriebenen Teil ziehen, den ich markieren will und dann kann ich die erwähnten Schritte sehr benutzerfreundlich vornehmen.

Weitere Vorteile durch die Digitalität sind die Sicherung der Notizen in der Cloud von remarkable, was kostenlos zur Verfügung steht, natürlich funktioniert das Tablet auch ohne Internetverbindung, der Sync wird nachgeholt, sobald man wieder verbunden ist. Notizen können als Bild oder als pdf per E-Mail verschickt werden. Es gibt sogar die Option, handgeschriebenes in Print-Text zu konvertieren und zu versenden. Dieses Konvertieren funktioniert erstaunlich gut, nur an den Zeilenumbrüchen könnte noch etwas gefeilt werden.

Was bei mir noch persönlich als tolle Erleichterung dazu kommt ist Folgendes: mein linker Arm ist gelähmt und so kann ich einzelne Blätter oder leichte Blöcke auf einem Tisch nicht leicht fixieren und habe meist ein Clipboard im Einsatz. Da muss ich die Blätter aber erst mal schön in die Halterung kriegen und natürlich nach jeder gefüllten Seite umdrehen oder austauschen. Das Papertablet ist zwar mit seinen 400g sehr leicht, liegt aber dennoch sehr stabil und durch die vier Hartgumminoppen an der Unterseite rutschfest auf jedem Tisch. Das erleichtert mir das Schreiben gleich nochmal.

Als privaten und auch beruflichen Taskplaner nutze ich das Bulletjournal (kann ich übrigens sehr empfehlen, hier gibt es mehr dazu: https://bulletjournal.com/pages/learn) und bin natürlich auch damit auf das remarkable2 umgestiegen. Es ist grundlegend schon so konzipiert, dass es sehr flexibel ist, jetzt aber ist es das noch mehr.

Ich bin nach wie vor sehr zufrieden damit. Es ist leichter als ein Notizblock A4 und damit problemlos mitzunehmen. Die Hülle sitzt fest, der Stift ebenso, da aber beides magnetisch fixiert ist, ist es ebenso leicht zu lösen. Ich habe, seit ich es besitze, kein einziges Blatt Papier mehr verbraucht und nutze es mehr und mehr.

Für mich also ist es offensichtlich eine lohnende Investition gewesen. Es war der Ersatz für den diesjährig ausgefallenen Urlaub, ich bereue nichts. Vielleicht hilft es dem ein oder der anderen, sich jetzt klar dagegen oder dafür zu entscheiden. Wenn ihr noch Fragen habt, dann lasst einfach hören!


[1] Ja ich weiß, das Wort gibt es nicht, jetzt aber jetzt ist es auf einmal da…

Ende von Ende-zu-Ende?

Erinnert ihr euch? Im Sommer diesen Jahres erst wurde der Privacy Shield der USA als datenschutzrechtlich unwirksam abgestraft. Ich habe das ganze Prozedere in „Ist der Datenschutz noch für uns da?“ etwas genauer beschrieben. Letztlich aber möchte ich hier nochmal festhalten, dass die EU diese Entscheidung in erster Linie deswegen getroffen hat, da US-amerikanische Behörden (insbesondere Geheimdienste) sich in Fällen, die von ihnen selbst als wichtig im Kampf um die Staatssicherheit definiert wurden, Zugriff zu personenbezogenen Daten verschaffen kann und IT-Unternehmen verpflichtet sind, diese preiszugeben. Auf theoretischer Ebene möchte ich diese Entscheidung gar nicht bewerten, auf praktischer habe ich das in besagtem Artikel bereits getan.

Leider bewertet die EU diese Entscheidung jedoch selbst durch ihr aktuelles Verhalten. Wenn ich einem anderen verbiete, etwas zu tun und sage, das ist böse, dann kann ich doch nicht ernsthaft kurz danach genau das selbst tun. Wenn doch, dann habe ich entweder andere Beweggründe für mein Verbot gegenüber dem anderen gehabt als „das ist böse“ oder aber ich in selbst böse. Beide Varianten lassen mich nicht in gutem Licht dastehen.

Es ist nach den jüngsten terroristischen Anschlägen in Frankreich und Österreich nun so, dass die EU die Ende zu Ende Verschlüsselung in Frage stellt und – natürlich nur in besonders gefährdenden Fällen – IT-Unternehmen dazu verpflichten will, Verschlüsselungen (etwa in Chats) zu verhindern und die Daten an Sicherheitsbehörden weiterzugeben. Wo ist der Unterschied zu dem Verhalten der USA, das zu dieser weitreichenden Entscheidung bezüglich des Privacy Shield geführt hat?

Grundlegend finde ich das Vorgehen sehr geldverbrennerisch, wenn die Datenschutzbehörde der EU auf der einen Seite Vorschriften erlässt, die in immer mehr Bereichen des Datentransfers verlangt, starke und sinnvolle Verschlüsselungstechniken einzusetzen und ein paar Häuser weiter in der EU extra viel Geld in die Hand genommen wird und u.a. sog. Supercomputer angeschafft werden, die diese Verschlüsselungen knacken sollen. Ist das ein Räuber und Gendarm Spiel, das mit Millionen von Steuergeldern finanziert wird?

Jedenfalls verstehe ich es nicht so recht…

Weitere Infos hier:
https://netzpolitik.org/2020/neuer-angriff-auf-ende-zu-ende-verschluesselung/

Freiheit

Was Verkehrsregeln mit Coronaregeln gemein haben

Was haben Regeln in meinem Leben verloren, die mir von außen auferlegt werden, obwohl ich nicht nur mündig, sondern auch erwachsen und vernünftig bin? Das ist doch ein Eingriff in meine Menschenwürde, in mein Freiheitsrecht, leben wir denn in einer unaufgeklärten Gesellschaft?

Regeln, die uns – so wie aktuell die Corona Verordnungen – auferlegt werden, erzeugen in der individualistisch geprägten, westlichen Welt weit mehr Widerstand als in den kollektivistisch geprägten Gesellschaften etwa im asiatischen Raum. Insbesondere, wenn derartige Regelungen neu eingeführt werden. Viele helle Köpfe sehen und stellen die Bereiche in den Vordergrund ihrer Kritik, die persönliche Rechte einschränken. Die Kritik ist vielschichtig, hart und von vielen unterstützt wird sie dann, wenn Deutschlands wunder Punkt getroffen wird: Blind und unkritisch durch Verordnung – also wenig demokratisch – vorgegebenen Regeln zu folgen, sich gemeinschaftlich hinter solch eine Führung zu stellen, zeige erneut, wie es  im Nationalsozialismus möglich war, die Massen zu bewegen. Unkritische Folgsamkeit, der Massenmeinung hinterherlaufen, das war ja die Quelle allen Übels, so höre und lese ich oft in den virtuellen Diskussionen oder höre es vereinzelt auch im echten Leben.

Ich war heute in einem Café in einer dunkelroten Stadt. Es war kein Aufenthalt im Café selbst erlaubt, nur To-Go-Bestellungen wurden aufgenommen und maximal vier Personen, so stand es auf einem großen und deutlich lesbaren Schild vor der Türe geschrieben, durften gleichzeitig in das Café zur Bestellaufgabe betreten. In der kurzen Wartezeit, die ich dort verbrachte, musste der Angestellte sehr häufig diese Bitte lautstark aussprechen und hereindrängende Besucher wieder höflich vor die Türe zitieren. Ich bin mir sicher, dass nicht alle von diesen Besuchern das Schild übersehen haben. Es wirkte mit vier Gästen einfach noch sehr leer und so konnte man sich doch relativ sicher sein, keine Gefahr darzustellen, wenn man selbst auch noch die Schwelle übertrat. Man kann ja eben wohl selbst denken und entscheiden, was gefährlich ist, und was nicht.

Ich stimme prinzipiell zu, was das Denken angeht. Was die Überschreitung der Regel angeht, sehe ich das jedoch anders. Typisch deutsch, kann man meinen, und vielleicht ist das auch so. Aber es gibt gute Gründe dafür. Ich möchte es mit einem alten Satz an Regeln vergleichen, gegen die kaum mehr jemand aufmüpft: die Verkehrsregeln. Wie gefährlich ist denn Verkehr eigentlich: wie oft fahren wir mit zwei Blechtonnen mit Zentimeterabstand aneinander vorbei, also knapp an einem schweren, vielleicht tödlichen Zusammenprall. Wieso passiert das verhältnismäßig selten? Wieso selbst da, wo sich entgegengesetzte Richtungen kreuzen? Da wo sogar Fußgänger, Fahrradfahrer, Autos, Trams und Busse aufeinandertreffen? Weil wir uns stupide an die Regeln halten, die wir in der Fahrschule gelernt haben. An einer roten Ampel bleiben wir stehen. Wie oft aber, ist genau das aber eigentlich sinnlos? Wie oft sehen wir mit unserer Vernunft und Reife, dass wir zu 100% niemanden gefährden, wenn wir die rote Ampel trotzdem missachten? Aber meistens tun wir es ja doch nicht. Wieso? Weil wir kollektiv bereits verstanden haben, dass es nicht funktioniert, wenn wir anfangen, einzelne Situationen selbst zu bewerten und ggf. entgegen der übereinstimmend akzeptierten Regeln zu agieren. Denn wo ist dann die Grenze? Wie lange kann ich dann beruhigt über eine grüne Ampel fahren, mein Kind alleine durch die Stadt laufen lassen?

In einer Gesellschaft in der sich tausende Menschen auf engem, öffentlichen Raum sicher bewegen können sollen, wird von allen auf dieses Stück Freiheit verzichtet. Wie sehr ein/e Einzelne/r auch den Regeln in singulären Momenten widersprechen mag, wie sehr sie/er diese auch nicht akzeptieren mag: wo soll dann bitte der Anfang, wo das Ende sein? Vielleicht sind in dem Café wirklich auch fünf Personen gefahrenlos aufnehmbar. Vielleicht kann ich dann aber auch in der Fußgängerzone die Maske abnehmen, wenn ein starker Wind weht und gerade weniger Menschen unterwegs sind. Dann geht ja aber auch das Treffen mit meiner Großfamilie, denn im Einzelnen sehe ich die ja auch sowieso nach und nach. Und schon beginne ich, jede Situation zu analysieren und meine Entscheidungen selbst zu treffen. Ich mit meinem Laienverständnis von Infektionsketten und Ansteckungsmöglichkeiten. Diese Freiheit muss ich natürlich dann auch jede/r anderen gestatten und ich bin mir sicher, wir hätten bei weitem keine Situation mehr, die wir noch kontrollieren können.

Ich bin sicher kein Verfechter von immer absolutem und blindem Gehorsam und die Einschnitte, die wir jetzt erleben, werden immer – je nach Bevölkerungsgruppe – gravierender. Es läuft auch in meinen Augen vieles schief, Maßnahmen sind in einigen Bereichen nicht wirklich gerechtfertigt, viele (gerade Schulkinder, Mitarbeiter und Inhaber von kleinen Unternehmen in hart getroffenen Bereichen, Mitarbeiter im Gesundheitsbereich u.v.m.). Da muss diskutiert werden, was ja auch ständig passiert. Aber:

Schade und wirklich unverständlich für mich ist jedoch, wieso wir derartige Einschränkungen bewusst oder fahrlässig in Kauf genommen haben, als sich abzeichnete, dass ggf. eine zweite Welle kommen mag. Mit einfachen Mitteln des Schutzes von uns und v.a. anderen hätten wir dieses Level der Maßnahmen sicher niedriger halten können. Aber die Verwirklichung und Einforderung der individuellen Freiheitsrechte wogen bei zu vielen leider mehr als die Beugung vor diesen Schutzvorgaben. Sehr schade, wir sind als Gesellschaft leider noch etwas unreif, scheint mir. Viele ‚Opfer‘ dieser Situation hätten wir vermeiden können, wollten wir aber offensichtlich nicht. 🙁

https://www.tagesschau.de/ausland/china-corona-137.html