Archiv für den Monat: Mai 2009

Parallelen

Zufällig diesen Text und direkt danach diesen hier gelesen.

Der eine, männlich, wird von Drachen im Traum bedroht und schließt in tiefenpsychologischer Manier auf seine triebhafte Ur-Männlichkeit und eine wie auch immer geartete Unausgeglichenheit dieser.

Die andere, weiblich, schreibt über die Rolle der Helden, damals und heute. Damals – Drachen bezwingend – finden sich die Starken bei ihr heute im Kleinheldentum als Unbezwingbare vor den Frauen und der Welt.

Das Stichwort Drache welches bei beiden die Geschichte einleitet und die Tatsache, dass beide diese Geschichte am gleichen Tag schrieben, brachte mich zu dieser Gegenüberstellung. Vielleicht ist es so, dass die eine insgeheim Antworten auf die Fragen des anderen lieferte. Und bestimmt wussten beide nichts voneinander. So ein Unglück aber auch!

Möge dies gerne als Verkupplung angesehen werden.

Aus dem Leben

Eine Familie bekam einen Sohn. Dieser sollte den Namen Horst bekommen, passierte auch so und auf diesen Namen hört er heute auch. Naja, ist ja auch schon über 40 Jahre alt, mittlerweile. Dieser Horst begegnete mir jetzt im Berufsleben, dies auch nur beiläufig und ich werde ihn wohl nicht wieder antreffen.

Das merkenswerte an dieser Geschichte: ich nannte ihn beim Nachnamen und fragte mich dabei immer, was seine Eltern wohl dazu bewogen hat, ihn Horst zu nennen, den Herrn Horstmann junior!?

Vatertag

Eigentlich bin ich gerade gar nicht hier. Ich bin nämlich unterwegs auf meiner Vatertags-Fahrradtour, die ich mir mal endlich wieder gönnen wollte. Die erste Tour auf dem Drahtesel sollte es sein, ich habe diese Bewegung schon sehr vermisst. Frau und Kind geben mir ein tolles Geschenk und gönnen sich nach dem Frühstück ein entspannendes Vormittagsschläfchen und ich mach los…

Aber es kam alles ganz anders – sonst wär ich ja jetzt nicht hier, wie gesagt. Bevor ich zu meinem Gefährt im Schuppen gehe, hole ich mir die Fußpumpe aus dem Auto, denn nach dem langen Stehen, brauchen die Reifen bestimmt etwas Luft, bin ich mir sicher. Als ich aber mein Hinterrad erblickte, war ich doch etwas verwundert: es war nicht nur lau, sondern plotzeleer! Da war absolut keine Luft mehr zwischen Felge und Schlauch. Hm, komisch. Ich werde mal sicherheitshalber die Pumpe in meine Tasche packen und auf die Reise mitnehmen.

Ich schiebe das Fahrrad in den Hof und fange zu tretpumpen an. Doch auch hier: nicht der gewünschte Effekt: Die Pumpe ist defekt, der Schlauch hat einen beachtlichen Riss. Ach ja…kurz Schultern nach unten werfen und dann: auf zur Agip, die glücklicherweise gleich hier nebenan ist. Ich schiebe mein geliebtes Zweirad hintergewichtentlastend bis zur Tanke und schnappe mir die Luftpumpe. Erst noch den Reifen zurechtgeschoben, so dass das Ventil auch wieder ordnungsgemäß durch das Loch der Felge schaut und: angesetzt. Ein Knopfdruck und: der Reifen zeigt schnell wieder Form. Der optimale Druck für meinen Reifen ist 4 bar. Maximal dürfen es 5 sein. Ich mache kurz halt, um zu sehen, wie viel schon drin ist: genau 3 sagt die Anzeige. Also: noch ein kurzer Druck. Ich habe den Knopf noch gar nicht richtig berührt, da fällt ein Schuss direkt in meiner Nähe, mein rechtes Ohr pfeift. Besser als tot, denk ich mir, und sehe dann, dass die Gefahr nicht wirklich so groß war: mein alter Reifen hatte soeben lautstark seinen Dienst quittiert.

Yeah! Das war doch mal ein außergewöhnlicher Ausflug, an den werd ich mich erinnern!

Also, Fahrrad dort gelassen, heim gelaufen, Kindersitz aus Auto ausgebaut, zur Tanke gefahren, Rad eingeladen, Heim gebracht, Auto wieder in Ausgangszustand gebracht und wieder in die Wohnung. Kind und Frau noch seelenruhig liegend und ich, ich würd jetzt doch in Herrentagsmanier ein Bier trinken, wär es nicht erst halb elf.

Allen Vätern da draußen wünsch ich ebenfalls einen Tag mit tollen Erlebnissen!

Zensur im Internet

Der folgende Beitrag stammt von Jens Scholz. Eine Weiterverbreitung seines Artikels hat er ausdrücklich genehmigt, solange er als Autor genannt wird.
Ich finde ihn durchaus sehr lesenswert.

Wer übrigens die Petition dagegen beim Bundestag im Internet zeichnen will, der klicke hier.
(glücklicherweise ist der Server recht belastet, daher etwas langsam)

Jens Scholz schrieb:

Warum es um Zensur geht

Da reiben sich gerade so viele die Hände, daß man eigentlich ein beständiges Rauschen hören müsste. Die Idee, das Thema Kinderpornografie als Popanz vorzuschicken, um das nun geplante Internet-Zensursystem einzuführen war aber auch wirklich eine richtig gute. Hat das ja zuvor mit den Themen Terrorismus und Internet-Kriminalität nicht wirklich hingehauen, kann man hier spitzenmäßig mit dem Holzhammer wedeln und Kritiker einfachst diffamieren, indem man die eigentliche Kritik ignoriert und ihnen vorwirft, sie wollten die Verbreitung von Kinderpornografie schützen. Wie schnell schon der Vorwurf zum beruflichen und gesellschaftlichen Tod führen kann, zeigte man nur wenige Wochen zuvor ja schonmal anschaulich am Exempel Tauss (der übrigens natürlich nicht im Netz „erwischt“ wurde, sondern über Handykontakte und DVDs per Post).

Aber ich schweife schon wieder – wie es durch die Wahl dieses Themas ja auch gewünscht ist – ab.

Denn das Problem, das die Kritiker haben, ist ja natürlich nicht, daß man den Zugang zu Kinderpornografie sperren will, sondern das Sperrinstrumentarium, das man dazu baut. Schaut man sich das an, merkt man schnell: Es geht nicht um Kinderpornos und wie man dagegen vorgeht. Ging es nie.

Es geht um die Installation eines generellen technischen Systems und die generelle Art und Weise, wie es betrieben wird: Es geht darum, daß eine waschechte, diesen Namen zu Recht tragende, Zensur ermöglicht wird. Auch wenn die zunächst gesperrten Websites tatsächlich nur Kinderpornografie beinhalten (was die Liste eigentlich extrem kurz halten müsste) wäre sowohl die Technik, die Verwaltung und sogar die Psychologie installiert, um sofort eine effektive Zensur betreiben zu können.

Technik

Die Provider sollen ihre Nameserver so umbauen, daß Webseiten, die das BKA aussucht und ihnen nennt, nicht erreichbar sind und dem Nutzer bei Aufruf stattdessen eine Sperrseite angezeigt wird. Gleichzeitig soll das BKA jederzeit abrufen könne, welche Nutzer auf Webseiten aus dieser Liste zugreifen wollten und stattdessen auf die Sperrseite geleitet wurden.

Ein normaler Internetnutzer, der seinen Nameserver nicht auf einen freien DNS-Server umstellt, sieht bestimmte Seiten nicht und erhält die Mitteilung, er wolle sich gerade Kinderpornografie ansehen. Ob das stimmt, weiß er nicht und nachprüfen darf er das auch nicht, da ja schon die Suche nach Kinderpornografie strafbar ist. Der Nutzer muss sich in diesem Moment weiterhin im Klaren sein, daß er gerade etwas getan hat, was das BKA als illegal ansieht und als Grund ansehen kann, gegen ihn vorzugehen.

Die allein schon technisch verursachten Risiken für jeden Internetnutzer sind immens, noch dazu, weil man damit auch noch eine perfide Beweisumkehr eingebaut hat: Sie müssen künftig ihre Unschuld beweisen, z.B. daß sie „versehentlich“ die gesperrte Seite angesteuert haben. Viel Spaß beim Versuch, Richtern TinyUrls, iFrames, Rootkitangriffe, Hidden Scripting und so weiter zu erklären, wenn Sie überhaupt wissen, was das ist.

Die Lösung zunächst: Den Nameserver umstellen, um sich dieser Gefahr vollständig zu entziehen. Geht schnell und kann jeder.

Die Technik ist allerdings interessanterweise das kleinste Problem in dieser ganzen Geschichte. Es gibt Staaten, die in ihren Zensurbemühungen schon wesentlich weiter sind. Die Menschen dort können dennoch sowohl anonym als auch unzensiert das Internet benutzen. Das Internet ist von Nerds gebaut worden. Ein Staat kann da so viel fordern wie er will, er wird das Netz auf technischer Ebene never ever kontrollieren können.

Verwaltung

Hier liegen die springende Punkte, die das Ganze zum Zensurinstrument machen:

1. Die gesperrten Inhalte stehen auf einer Liste, die das BKA direkt und ohne Prüfungsinstanz erstellt und die die Provider möglichst ohne sie anzuschauen zu installieren haben. Es entscheidet kein Richter über den Inhalt, es überprüft keine unabhängige Institution über die Rechtmäßigkeit, es gibt keine Regelung, wie Adressen überhaupt wieder von der Liste gelöscht werden könnten. Die Polizei, die Verbrecher verfolgt, bestimmt, welcher Wunsch nach welcher Information ein Verbrechen ist. Vorab zu definieren, was ein Verbrechen ist und hinterher darüber zu entscheiden, ob ein Verbrechen begangen wurde ist aber nicht Aufgabe der Polizei.

2. Die Liste ist geheim. So lange diese Liste nicht in die Öffentlichkeit gerät kann alles drinstehen und nichts davon muss gerechtfertigt werden. Wer das in Frage stellt wird zum Verdächtigen. Wie Zensur in Reinform eben funktioniert.

3. Der Gesetzentwurf ist schwammig genug, daß das BKA im Prinzip alles in die Liste setzen kann. Da im Web jeder Inhalt nur einen Klick weiter vom letzten entfernt ist und das Gesetz möchte, daß auch „mittelbare“ Seiten gesperrt werden können, kann somit de facto auch jede Seite gesperrt werden.

4. Das System soll die direkte Verfolgung von Zugriffen erlauben. es wird nicht nur gesperrt, sondern es kann auch nachgeschaut werden, wer sich die gesperrten Seiten ansehen will. Dies kann dann Anlass für verdeckte Überwachungen, Hausdurchsuchungen und andere existenzbedrohende Vorgänge sein.
Die Staatsanwälte dieses Landes üben ja seit einiger Zeit kräftig an der Vorverurteilungsfront, indem Sie inzwischen gerne mal Pressemitteilungen über eingeleitete Verfahren rausgeben und die Presse direkt zu möglichst spektakulär und öffentlichkeitswirksam inszenierten Verhaftungen mitnehmen (Zumwinkel, Tauss, Frau B.).

Psychologie

Womit wir schon beim gewünschten Effekt von Zensur sind: Die Einführung der Schere im Kopf. Die wirksame Selbstzensur, weil man nicht weiß, was eventuell passiert, wenn man zu laut und deutlich Kritik äußert. Die Geheimhaltung der Sperrliste und ihre völlige Unverbindlichkeit durch das Fehlen jeglicher Kontolle ist ein bewußt eingesetzes Instrument, um Verunsicherung zu erzeugen.

Ein anderes ist die Verknüpfung mit dem Thema Kinderpornografie, womit wir wieder am Beginn dieses Artikels wären. Man weiß ja inzwischen, daß auch nur der leiseste Ruch, man könnte eventuell irgendwas mit Kindesmissbrauch und Pädophilen zu tun haben, die Existenz vernichten kann, selbst wenn hinterher rauskommt, daß tatsächlich nichts an den Vorwürfen dran war. Wie nahezu generell nichts rauskommt. Das ist ein so extrem starkes und wirksames Druckmittel, was natürlich beispielsweise ein Herr Gorny sofort erkennt, weil sein Versuch, diese Schere im Kopf einzuführen (durch den Versuch, Filesharing als schreckliches Verbrechen zu diskriminieren), wirkungslos blieb und er sich nun an den besser funktionierenden Trigger dranhängt (indem er Urheberrechtsverletzung mit Kindesmissbrauch gleichsetzt).

Die Justizministerin gibt dann noch Tipps in die richtigen Richtungen, die natürlich prompt reagieren. Überhaupt, das mal ganz nebenbei, finde ich es immer wieder seltsam, daß Frau Zypries immer wieder als Warnerin vermittelt wird. Dabei war – so sagt sie zumindest – sie es, die den Gesetzentwurf gegenüber dem Vorabvertrag von Frau von der Leyen verschärfen ließ und dieser nun schon den Zugriff auf Stopp-Seiten verfolgen lassen will.

Um die Frage zu beantworten, warum und wann es in einer Gesellschaft überhaupt dazu kommen kann, daß ein Teil davon meint, einen solchen Eingriff vornehmen zu müssen und der andere Teil (zu dem ich u.a. mich zähle) darin ein so massives Unrecht sieht, das es zu bekämpfen gilt, kann man sich bitte den Artikel „Kampf der Kulturen“ drüben bei netzpolitik.org durchlesen.