Anti-Chrome Haltung

Jetzt ist die Umfrage zu dem Google-Browser Chrome vorbei und da 13 Stimmen abgegeben wurden, habe ich habe wie immer ein repräsentatives Ergebnis für Deutschland vorzuweisen. Hier erst mal die Zusammenfassung:

Bin begeitsteter Chromer: 1 Stimme = 7%
Habe Chrome installiert, nutze ihn aber nur selten: 2 Stimmen = 15%
Habe Chrome getestet und lehne ab: 1 Stimme = 7%
Ich will den Googlebrowser gar nicht ausprobieren: 9 Stimmen = 69%

Woran liegts, frage ich mich da? Zugegeben, ich bin auch nicht die eine Stimme der Begeitsterung. Ab und zu starte ich Chrome und surfe damit. Eigentlich kommt er mir deutlich schneller vor als mein Standard Firefox 3.0.4 und auch die unterschiedlich gefärbte URL in der Adresszeile finde ich gut. Zwei Gründe die dafür sprechen, dennoch nutze ich ihn kaum. Was spricht also dagegen? Ich kann es nicht mit Sicherheit beantworten. Hat wohl letztlich etwas mit Gewohnheit zu tun. Menü und Lesezeichen sind an ungewöhnlicher Stelle untergebracht und auch die Bearbeitung von Einstellungen ist andersartig. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es sich eigentlich noch um eine Betaversion handelt und ich mich nicht ganz sicher fühle, wenn ich etwa meine Bank online besuche.

Eigentlich frage ich mich aber eher, was 69% der Bevölkerung dazu bewegt, in anti-Haltung dem neuen in der Runde nichtmal eine Chance zu geben? Sind es Vorurteile? Sind erste Nachrichten kurz nach der Veröffentlichung von Chrome dafür verantwortlich? Etwa dass Chrome an über seinen Browser veröffentlichten Bilder automatisch die Rechte hat (was ja mittlerweile wieder geändert wurde)? Ist es eine grundlegende Anti-Google-Haltung? Wobei, Google-Mail findet ja recht guten Zuspruch. Oder fehlen einfach noch die einschlägigen Schlagzeilen von unabhängigen Magazinen, die den Browser als hervorragende und überzeugende Alternative titulieren, derer sich jeder annehmen sollte?

Whatever – Chrome hat offensichtlich noch lange nicht den ganzen Fuß im Feld und ob sich das noch ändert, das wird vielleicht nur die nächste Umfrage zeigen. Wo? Natürlich hier bei mir!

Noch eine Meinung

7 Gedanken zu „Anti-Chrome Haltung

  1. Etosha

    Bei mir persönlich liegt es daran, dass ein Browser ein Werkzeug ist. Wenn ich mir heute eine Bohrmaschine organisiere und diverses Zubehör dazu auswähle, das darauf abgestimmt ist, und alles miteinander sehr gut funktioniert, dann will ich nicht in einem oder zwei Jahren etwas ganz anderes ausprobieren, nur weil’s grad neu ist.

    Der User in mir will Inhalte generieren und Inhalte anzeigen, daraus was lernen oder daran Spaß haben. Er will nicht ständig auf noch Besseres und noch Neueres umsteigen, in das er sich erst wieder einarbeiten und an das er sich gewöhnen muss, indem er Zeit investiert, um Features wiederzufinden oder zu vermissen. Ich glaube, der User ist der neuen Werkzeuge für alte Zwecke müde; diese Werkzeuge verkommen langsam zum eitlen Selbstzweck, wo sie doch eigentlich einfach nur aufs Regal gehören, um von dort bei Bedarf geholt zu werden.

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  2. Iwi

    Eine sehr schöne Erklärung, danke! „Der User ist der neuen Werkzeuge für alte Zwecke müde“ scheint mir sehr treffend formuliert zu sein.

    Wenn ich es mir recht überlege, habe ich auch einige Tools an meinem Firefox, die ich nicht missen möchte. Nur ist mir das bei meinen kleinen Chrome-Ausflügen bisher noch nicht aufgefallen, weil die nur oberflächlich waren.

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  3. Mil

    Etoshas Gründe sind sehr einleuchtend, ich selbst habe das absolut negative Votum aus ganz anderen Gründen abgegeben.

    Ich bin ja Software-Entwickler und muss mich laufend neuen Technologien anpassen, weil das mein Job von mir verlangt. Eine neue Software zu installieren, Einstellungen vorzunehmen und mich mit etwas Neuem vertraut zu machen ist zwar nicht Alltag, aber doch etwas, dass ich sehr häufig ausüben muss. Und ich habe ehrlich gesagt in der Regel auch Spass daran.

    Warum jetzt nicht bei Chrome?

    Es liegt nicht an der Software — die ist wahrscheinlich wirklich gut. Es liegt an der Firma Google.

    Mit dem Browser haben sie eine entscheidene Lücke geschlossen, um die nächsten 5-10 Jahre der Weiterentwicklung des Webs zu bestimmen.

    Will ich das? Ganz sicher nicht.

    Zur Begründung: Mit der Suchmaschine weiss Google, was die Menschen suchen und bestimmt inzwischen selbst mit, was die Menschen präsentiert bekommen — durch ein Ranking, das nicht transparent ist. Sie bieten einen E-Mail-Dienst an, und lesen die E-Mails aus — ich hoffe das weiss jeder, der den Dienst benutzt. Sie besitzen mit Youtube das weltgrösste Videoportal. Sie sind Anbieter für Feeds und Blogs und natürlich auch die Suchmaschinen dafür. Sie bieten Server an, mit denen Firmen ihre Webdienste ans Netz bringen können — dafür möchten sie jedoch den Quellcode sehen. Sie haben den lukrativsten Kartendienst, der mit anderen Informationen, die sie bestimmen, angereichert wird. Google bietet an persönliche Office-Dokumente im Netz zu erstellen und auch dort in ihrer Ohut aufzubewahren. Sie lesen zu Millionen andere Medien, wie Bücher, digital ein, um diese später anzubieten. Sie sind DER Werbeanbieter im Internet. Google ist der massgebliche Urheber und Betreiber von HTML 5 im W3C. Letzteres heisse ich auch schon deshalb nicht gut, weil man imo HTML dank der Fehler in der Vergangenheit defintiv beerdigen sollte. Sie bestimmen also in Zukunft nicht nur „was“, sondern auch „wie“ etwas präsentiert wird. Mit Chrome, könnten sie das „Wie“ dann auch durchsetzen, selbst wenn andere Browser-Herrsteller es nicht umsetzen wollten. Ist es in Chrome und Chrome hätte einen entsprechenden Marktanteil, dann müssten die anderen Browser-Hersteller eh mitziehen. Und wofür? Um eine Version von HTML zu unterstützen, die mit Syntax angereichert ist, die darauf ausgerichtet ist Dienste wie die unzähligen von Google besser aussehen zu lassen.

    Chrome ist da also nur der letzte Baustein — sozusagen die letzte Meile zum User. Ich kann das ehrlich gesagt nicht mit gutem Gewissen mittragen, mich in so vielen Dingen abhängig von einer Firma zu machen. Und dabei ist wirklich völlig irrelevant wie gut die Absichten der Firma (momentan) sind und auch nicht wie gut ihre Produkte. Die Macht, die mit den ganzen Informationen und Diensten und jetzt auch dieser Anwendung verbunden sind, ist für mich einfach viel zu groß.

    Das die Firma als Motto hat „Wir sind die Guten!“ hilft da überhaupt nicht, denn es impliziert, dass man als Aussenstehender auch etwas ganz anderes annehmen könnte.

    Googles mission statement: „Google’s mission is to organize the world’s information and make it universally accessible and useful.“ kann man, wenn man möchte, auch böse auslegen.

    Man kann meine Meinung für paranoid halten, aber die Vergangenheit hat schon mehrmals gezeigt, dass Firmen ganz leicht vom kleinen Underdog zum großen, bösen Mitspieler werden können. Microsoft wurde zum Beispiel mal gefeiert, als sie noch ganz klein gegen das große IBM aufbegehrt hatten — inzwischen werden sie wohl eher selbst als der Moloch wahrgenommen.

    Interessanterweise teile ich mit vielen Kollegen und Freunden, die auch in dem Sektor tätig sind, dieses Unwohlsein. Der Grund ist, dass sie die Konzentration an Diensten zur Gewinnung von Informationen ebenfalls wahrnehmen und auch die schlechten Beispiele von anderen Firmen aus der Vergangenheit und Gegenwart kennen. Man liest halt viel im Netz.

    Ja, das waren so meine Gedanken dazu.

    Ich selbst kennen übrigens niemanden, der privat oder bei uns in der Abteilung Chrome inzwischen als DEN Browser verwendet. Das muss aber nichts mit den oben genannten Gründen zu tun haben.

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  4. Iwi

    Hey Mil, danke für diesen Einblick in deine Sicht!

    Dass Google die Finger auch bei der Entwicklung von HTML 5 so tief reinsteckt, war mir gar nicht bewusst.

    Insgesamt denke ich aber auch, dass ein gewisses Unbehagen vor der Einflussgewinnung Googles hier als Bremse wirkt. Egal ob so konkret begründet wie von dir oder nur durch ein vageres Gefühl verursacht.

    So kleine „Ausrutscher“ wie etwa die erwähnte Sache mit den Bildrechten zeigen dann ja doch, womit wir rechnen dürfen und welche (wahnwitzigen) Vorstellungen Google jetzt schon in sich trägt.

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  5. Mil

    Offiziell sind bei W3C-Entwürfen und Standards nur Personen beteiligt. Aber da diese oftmals von ihren Arbeitgebern dafür freigestellt werden ist das wohl eher Augenwischerei. Einer der beiden Hauptinitiatoren gehört zu Google, der zweite zu Apple. Wenn man darüber nachdenkt, haben diese aber hier ähnliche Interessen. Apple hat auch einen eigenen Browser und Anwendungsfälle fürs Netz (eingebettete Quicktime Videos; evt. irgendwann iTunes fürs Web?).

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