Archiv für den Monat: September 2005

Just a little perfect

Nicht zu verachten! Man kann nichts gegen sie sagen, sie ist attraktiv, zweifellos. Ein schöne, schlanke Figur, dennoch unverwechselbar weiblich und sehr feminin, schön glänzendes, glattes, halblanges Haar, ein Gesicht, das immer zu strahlen scheint, brillante Augen.

Doch nicht nur das, sie hat ein gutes Herz, ist offen für die Welten um sie herum, wirkt sehr verständnisvoll und hat Mut, Fremdes in sich aufzunehmen.

Wir reden, wir erzählen von unseren Erfahrungen, vergleichen Vergleichbares und staunen über Ungehörtes. Es ist spannend, ich höre ihr gerne zu. Es gefällt auch mir, dass ich sie fangen und begeistern kann, dass sich ihre Augen aufreißen, wenn ich erzähle. Ich werde diesen Abend in Erinnerung behalten, er wird vielleicht sogar Entscheidungen in meiner Zukunft mit lenken, er wird also von weitertragender Bedeutung sein, aber er wird sich nicht wiederholen.

Ja, es wird bei diesem einen Abend bleiben. Es ist – mit einem Wort: ihr Geruch. Der ist nicht kompatibel mit meinen olfaktorischen Empfindungen. Es geht nicht. Es ist ihr Atem, der mich von sich schiebt, der Geruch ihrer Haut, dem ich nicht wieder ausgesetzt werden will. Ich kann sie nicht noch einmal in dieser Nähe ertragen, sie ist nicht für mich gemacht. Alles andere ist wunderbar, doch ich kann sie nicht riechen!

Sprich auf!

In der Liste der in Europa am häufigsten gesprochenen Sprachen hat die deutsch die französische Sprache überholt und steht jetzt auf Platz zwei. Über die Bedeutung dieser Platzierung nachzudenken, sehe ich keinen Sinn, aber lustig, was ein Zeitungsartikel weiterführend noch berichtet: deutsche Wörter seien in 47 Ländern der Welt im Alltag verankert. Die Finnen würden etwa über ‚Besserwisser‘ schimpfen und in Neuseeland sei das ‚Fingerspitzengefühl‘ bekannt. Am schönsten aber diese Vorstellung: Nigerianer würden immer wieder mal diese Frage stellen: ‚is-das-soo?‘.

Das Lied und der Weg

Ich bin bei meinem Spazierweg auf der Wiese – rechts die Schafe, links das brache Spargelfeld und über mir die Einflugschneise zum Flughafen. Ein Kind fährt mir entgegen auf einem kleinen Fahrrad, es singt und sieht mich noch nicht. Es singt laut, ein Lied, das mir gefällt, das aber gerade erst entsteht. Es kommt mir näher, es singt weiter, es weicht mir aus, es geniert sich nicht, singt weiter, sieht mich nicht, der Weg ist eng, es sieht mich nicht und weicht mir aus, und singt ungehemmt, es ist an mir vorbei und hat mich nicht gesehen, es sieht nur zwei Dinge vor sich: den auf es zukommenden Weg und das auf es zukommende Lied. Weiter nichts.
Eigentlich schön, dass ihm nicht bewusst ist, dass es noch etwas kann, worauf es selbst vielleicht in 30 Jahren neidisch wäre.
‚Als das Kind noch Kind war…‘

Living Power Point

Der Inhalt und die Form. Diese zwei Pole bestimmen unser Leben in vielen – wenn nicht sogar in allen – Bereichen. Sowohl auf der Ebene der Persönlichkeit und deren Entwicklung, die sich durch das gesamte Leben zieht, als auch zum Beispiel im Berufsalltag. Wir müssen erstens ‚zeigen‘ und zweitens ‚dass wir etwas können‘. Das eine die Form, das andere der Inhalt.
Ich persönlich habe mich lange Zeit geärgert und dagegen gewehrt, dass immer auch diese ‚doofe‘ Form stimmen muss, habe mich aber mittlerweile damit abgefunden. Wenn wir Menschen uns Bilder von unseren Mitmenschen machen, dann kommen wir einfach nicht aus ohne den ersten Eindruck, ohne zu sehen, wie dieser andere Mensch sich etwa im Vergleich mit anderen durchschlägt. Mit all diesen Förmlichkeiten malen wir uns ein Bild von dem anderen, das – obwohl noch ohne Inhalt – eine Meinung und erste Wertschätzung bereits manifestiert.
Ich habe also mittlerweile akzeptiert, dass Form auch wichtig ist. Aber es gibt in unserem Land, und mit Sicherheit nicht nur hier, eine Entwicklung, die sich ganz stark zu diesem einen Pol, zu der Form hin, verschiebt. Egal ob es ein Big Brother ist, wo sich vor Jahren schon ein Selbstdarstellerkönig Zlatko als authentischer ‚ich bin wie ich bin‘-Kerl präsentierte, damit den Nerv so manches Gleichgesinnten traf und so kurze Zeit auch kleinere Erfolge verbuchte. Oder die vielen Casting-Shows. Beispiel ‚DSDS‘: Wie soll ein Daniel Küblböck denn so erfolgreich werden, ohne eine Gesangsstimme zu haben und ohne Töne wirklich zu treffen (kein Musiker wird mir hier widersprechen), wenn sich die Bedeutung der Form, der Präsentation nicht so sehr nach vorne verschoben hätte? Oder man lege mal die unterschiedliche Bewertung der Bereiche Performance und Gesangsausbildung beim ‚Popstars‘-Casting auf die Waage – welche Seite wird gravierend ausschlagen? Die von D angeführte natürlich!
Gleiches sehen wir jetzt aktuell in der Politik. Nach dieser Bundestagswahl, bei der keine der Großen Parteien zufriedenstellen konnte, feierten sich am Wahlabend doch alle als Sieger. Was die Zahlen sagen, ist unseren Vertretern ja letztlich nicht wichtig gewesen, sie wissen aber genau, dass man sich nur als Sieger darzustellen braucht um letztlich auch als Sieger den Schauplatz zu verlassen.
Vorbildfunktion hin oder her, es werden uns Werte vorgelebt, die offensichtlich zum Erfolg führen (können) und so werden immer mehr Menschen aus dem Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen hinausgeworfen und es entstehen Zlatkos, Küblböks, D’s…..

Gerd+Münte